Beinahe sind mir vor kurzem die Bücher bezw. Romane ausgegangen und wer gerne liest, weiss was für ein Vakuum sich einstellen kann, wenn der (Lese) –Stoff plötzlich fehlt! Zum Glück konnte mir mein Bruder, welcher selbst über eine kleine Bibliothek verfügt, aushelfen und hat mir einige Werke vorbeigebracht.
Nachdem ich eine Kurzgeschichtensammlung von Dashiell Hammet (ausgezeichneter, amerikanischer Krimischriftsteller) gelesen habe, habe ich kurz danach „Nie mehr schlafen“ von Willem Frederik Hermans aufgeschlagen.
Die Geschichte handelt von einem ehrgeizigen Geologie-Studenten, Mitte zwanzig, welcher sich auf eine Expedition nach Norwegen begibt. Als Holländer fühlt er sich von Beginn weg nicht besonders wohl in diesem fremden Land, dessen Sprache er nicht versteht und schon gar nicht spricht und in dem er bald nach seiner Ankunft mit der Arroganz eines halbblinden norwegischen Professors Bekanntschaft macht. Zusammen mit drei anderen, einheimischen Studenten begibt er sich in die Finnmark im äussersten Nordosten Norwegens. Sein Ziel ist es, in dieser gottverlassenen Gegend Meteoriteneinschläge nachzuweisen, um eine These seines Professors zu untermauern und so zu akademischen Lorbeeren zu gelangen. Anstelle von Ruhm und Ehre erwarten ihn jeodch nur Mückenschwärme, welche ihm zu zehntausenden zusetzen und eine karge, öde Landschaft. Er beisst sich trotz dauernden Schlafmangels, Lebensmittelknappheit, eines aufgrund eines Sturzes lädierten Beins und seiner bald Wasser durchtränkten Ausrüstung durch. Seine norwegischen Kollegen sind entgegenkommend und kümmern sich rührend um ihn und trotzdem fühlt er sich fehl am Platz und hat das Gefühl, ihnen, die im Gegensatz zu ihm mit den Gegebenheiten vertraut sind, zur Last zu fallen. Ob er am Ende sein Ziel, allen Strapazen zum Trotz doch noch erreicht, lasse ich hier offen.
Die Geschichte ist fesselnd und voller Sarkasmus erzählt. Alleine Sätze wie „Wissenschaft ist das titanische Streben des menschlichen Intellekts, sich durch Erkenntnis aus seiner kosmischen Isolation zu befreien“ brillieren durch Präzision und Hellgeistigkeit und machen das Buch lesenswert! Der 1921 in Amsterdam geborene und 1995 in Utrecht verstorbene Autor Willem Frederik Hermans veröffentlichte mehrere Romane, Essays, Gedichte, Erzählungen und Dramen und gehört zu den modernen Klassikern der niederländischen Literatur. Er wurde mit zahlreichen Literaturpreisen überhäuft, welche er kurioserweise zumeist ablehnte (die Ursache für die Ablehnung sind mir trotz Recherchen nicht bekannt).
Zum Schluss noch eine Anmerkung in eigener Sache: Die Mutter des Helden des Buchs schreibt (wie ich hier auf bischofszelleria) ebenfalls Rezensionen, wobei sie die Bücher jedoch nie liest und ihre Kritiken nur anhand von Zeitungsartikeln und durch kurz nachgelesene Portraits des jeweiligen Schriftstellers verfasst.
Ich versichere euch bei den Trilliarden Mücken der Finnmark, dass ich die Bücher, über welche ich in bischofszelleria berichte auch wirklich gelesen habe